Iron wirbelte emsig zwischen den köstlichen Gerichten hin und her, die er gerade in seiner magischen Sternenstaubküche für das große Osterfestmahl vorbereitete. „Mal überlegen: Heuspaghetti, Salatparfait, Sternen-Steaks … habe ich vielleicht etwas vergessen?“ Dabei zwinkerte er dem kleinen Faith zu, der auf der Arbeitsplatte sass und jede seiner Bewegungen aufmerksam verfolgte. Wenn Iron kochte, gab es immer eine kleine Leckerei zwischendurch.
„Maus-au-chocolat“, du hast meinen Lieblingsnachtisch vergessen“, antwortete Faith prompt und fügte dann hinzu: „Du machst nur Spass, oder? Du würdest doch niemals bei einem Festmahl das Wichtigste vergessen?“
„Nein, mein Kleiner, das würde ich ganz sicher nicht. Schau mal nach, was da hinten auf den Servierplatten gestapelt ist. Eine darfst du dir wegnehmen, aber dann ist Schluss, du weisst was Luna immer sagt: „Die Vorfreude ist der Sonnenschein von Morgen“ …
„Was macht Madame Luna eigentlich gerade? Sonst dekoriert sie doch immer selbst, wenn ein großes Festessen ansteht, ich habe nur Leo und Czipi mit ihrer Hundegang im großen Festsaal gesehen. Harlekin hat eines der riesen Eier zerbrochen, das war lustig …“
Iron zögerte. „Nun, das Osterfest ist nicht für jeden ein Grund zum Feiern. Luna war die letzte Zeit viel am Ausguck und hat kleine Lämmer auf ihrem letzten Weg mit schönen Träumen begleitet. Sie haben Angst und Sehnsucht nach ihren Müttern. Das bricht ihr jedes mal das Herz.“
Faiths Augen wurden groß und rund. Seine Öhrchen gingen auf Halbmast. „Du meinst, dass all die kleinen Lämmer an Ostern sterben müssen, obwohl sie noch Babies sind?“
„Ja, ich fürchte, so ist es. Aber jetzt schnapp dir erst einmal deine Maus-au-chocolat und dann erzähle ich dir die Geschichte vom kleinen Osterlamm.“
Schafe sind nicht dumm, auch wenn viele das denken. Auch die Schafmutter, von der diese Geschichte handelt, war nicht dumm. Sie wusste, welches Schicksal auf das kleine Lämmchen wartete, das sie unter dem Herzen trug, ein schreckliches Schicksal, und sie wünschte, es würde niemals geboren werden. Luna hatte sie vom Rand des Sternengartens aus beobachtet, wenn sie nachts weinte und nach einer Lösung suchte. Wohin sollte sie nur gehen? Wo gab es einen Platz für ein Schaf mit seinem Lämmchen, wo beide in Frieden leben dürften, wo eine Mutter ihr Kleines aufwachsen sehen dürfte? Nicht auf dieser Welt.“
Das war eine harte Nuss, selbst für unsere weise Luna. Aber weisst du was? Sie fand schließlich diesen Ort und schickte der Schafmutter genaue Instruktionen im Traum, wo sie hingehen muss, wo sie Zuflucht und einen Menschen finden würde, der sie und ihr Lämmchen aufnimmt.
In einer sternenklaren Nacht nahm die Schafmutter allen Mut und alle Kraft zusammen, durchbrach den Weidezaun und lief tapfer dem Stern entgegen, den Luna besonders hell strahlen liess, damit sie den Weg findet. Als der Morgen dämmerte, landete sie erschöpft aber glücklich auf einem kleinen Bauernhof, es war ein Gnadenhof, wo alle Tiere leben dürfen. Dort brachte sie ihr Lämmchen zur Welt. Der Besitzer des Gnadenhofs war sehr erstaunt, als er nach dem Frühstück seine Runde machte, und vor dem Eingangstor eine Schafmutter mit ihrem neugeborenen Lämmchen vorfand. Jetzt wusste er, was diese seltsamen Träume bedeutet hatten, die ihn die letzten Nächte immer wieder aufschrecken liessen. „Du musst ihnen helfen“ , hatte die weiße Katze eindringlich gefordert, ehe er schweissgebadet aufwachte, weil er gerne helfen wollte, aber nicht wusste, wem er helfen sollte und wie.
Er öffnete das Gatter, brachte die beiden in einen Stall, versorgte die erschöpfte Schafmutter mit Wasser und Heu und beschloss dann, diesen Fund besser für sich zu behalten. Der Bauer, dem das Schaf samt Lämmchen gehörte, würde sicher nicht erfreut reagieren, wenn man ihm seinen Ertrag vorenthielt. Aber was sollte er nun mit den beiden tun? Er konnte sich den Unterhalt für weitere Tiere nicht leisten, so viel Not überall und er hatte aufgenommen, was ihm irgend möglich war.
Aber du kennst ja unsere Luna. Sie hatte sich im Vorfeld ein wenig umgesehen und in weiser Voraussicht noch an jemand anderen Träume geschickt: An die Besitzerin von riesigen Weingütern in Griechenland, die sich für Menschen und Tiere in Not einsetzt. Dort fragte der Retter der Schafe an und natürlich wurde die Anfrage angenommen.
Mama Schaf und Lämmchen leben jetzt auf einem großen Bauernhof, es ist ein Lebenshof und sie werden niemals mehr getrennt. Das war ein ordentliches Stück Arbeit für unsere Luna, aber sie hat es mit ihrer Magie geschafft. Für diese beiden gab es ein Happy End.“
„Ohhhh, wie schön, was für eine schöne Geschichte … “ seufzte Faith und angelte dabei verstohlen nach der nächsten Portion Maus-au-chocolat. „Darf ich für Toffee und Krümelchen auch noch etwas mitnehmen? Ich muss ihnen diese Geschichte unbedingt gleich erzählen!“
Iron sah dem kleinen Faith belustigt nach, wie er eilig aus der Küche schlüpfte und widmete sich dann wieder seinen Vorbereitungen. Diesmal würden mehr Gäste als jemals zuvor bei einem großen Festmahl anwesend sein. Lunas Sternengarten hatte viele neue Bewohner erhalten und er wollte seinem Ruf als Sternekoch-Deluxe alle Ehre machen. …




Bettina Marie Schneider-Geschichten aus Lunas Sternengarten
Die erste Sternengarten Geschichte, „Die Mission“ ist als Büchlein im Handel erhältlich.
